Endlich mal einen Hierbas!

Donnerstag, 8. November 2012

Heute stand noch einmal der Norden bzw. Nordwesten im Mittelpunkt meiner Reise. Ich wollte ja noch zu der Höhle d´es Culleram. Die Aussage der Niederländerin von gestern hieß ja, dass diese Höhle das „weibliche“ Pendant zur Ille d´es Verda als „männlichen“ Teil der Insel ist und ebensolche Energie ausströmen soll.

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Wieder komplett über die Insel, diesmal jedoch oben rechts ab die blau markierte Straße  zum nordwestlichen Punkt

Erst einmal fuhr ich jedoch wieder in Richtung San Joan und kam von dort auf eine herrliche kurvenreiche Straße nach Sant Vicente. Der Ort selbst machte den Eindruck, dass es tatsächlich nur eine Kirche gab und dann nur weit verstreut einige Fincas zu sehen sind. Also fuhr ich nach Umrundung der Kirche weiter in Richtung Cala Sant Vicente. Schon von der Karte her schien dieses Stück Weg interessant zu werden. Noch intensivere Kurven, Serpentinen und eine herrliche Landschaft mit vielen guten Ausblicken begeisterten mich. Plötzlich ein Wegweiser zu Es Cuieram. Bis dahin wusste ich noch nicht, dass dies die spanische Bezeichnung der Höhle ist, die ich suchte.

Blick von Sa Quieram

Eine sehr kurvenreiche Straße führte einige Kilometer nach oben, plötzlich wieder Schluss mit lustig und ein Wegweiser führte auf eine geschotterte Straße Richtung Höhle – 600 m wurden angezeigt. Ich fuhr natürlich diesen Weg, es war kein Problem, aber es war schon sehr eng, vor allem eben für zwei sich eventuell begegnende Autos. Aber ich war die einzige.

Am Ende der Straße dann der Hinweis, noch 100 m. Treppen aus dem Stein des Felsen gebaut, alles sogar mit Geländer bzw. Seilen zum Festhalten gesichert. Ich bin gespannt!

Treppen zur Höhle  Treppen zur Höhle

Dann war alles ziemlich unspektakulär. Ein „Steinplatz“ mit mehreren vergitterten kleinen Höhleneingängen, eine Tafel mit Hinweisen, die mir aber nicht viel sagten, keine Menschenseele zum Fragen, dafür Wald, Vogelgezwitscher, Ausblicke – und ich war wieder total bei mir!

Cueva Sa Quieram

Im Internet fand ich auch kaum Informationen, die die These der Niederländerin bestätigen könnten. Nur so viel als historischen Hintergrund:

Die Höhle ist ein Höhlentempel aus dem 4. bis 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zu Ehren der von den Phöniziern angebeteten Fruchtbarkeitsgöttin Tanit. Diese Göttin Tanit erreichte als Gemahlin des Baal eine große Bedeutung innerhalb des karthagischen Götzenkultes, der durch seine ausschweifenden und blutigen Opferfeste gekennzeichnet war.
Diese Theorie bestätigen hunderte von Votivstatuen, die in der Höhle auftauchten. Die meisten Standbilder waren aus Terrakotta und hatten ähnliche Züge wie die der Ägypter und Griechen. Das auffallendste in der Höhle ist ein großer Stalaktit, der möglicherweise das Zentrum der Kultstätte war. Zahlreiche Wände aus Stalaktiten und Stalakmiten teilen den Raum in verschiedene Säle auf.

Bei der Entdeckung dieser Höhle im Jahr 1907 von dem Archäologen Carles Roman fand man mehrere hundert von diesen Terrakottafiguren der karthagischen Fruchtbarkeitsgöttin Tanit, die jetzt im Archäologischen Museum in Ibiza-Stadt zu betrachten sind. Dies lässt darauf schließen, dass der Ort damals von den Phöniziern als Tempel verwendet wurde. Sie trafen dabei eine gute Wahl, hat man doch von dem 174 m hohen Felsen vor der Höhle aus einen herrlichen Blick auf die Insel und das Meer.
1969 wurden die Nachforschungen eingestellt wegen der Schwierigkeiten, die sich beim Zugang zum Inneren der Höhle ergaben. Nichtsdestotrotz wurde der Kult der Göttin Tanit von der Hippy-Kolonie wieder aufgenommen, die in den sechziger und siebziger Jahren die Insel bevölkerte. La Cova des Culleram wurde damals zu einem bekannten Symbol.
In einer Art zentralem Versammlungsraum steht ein großer, massiver Altarstein, auf dem die Opfer für die Göttin dargebracht wurden. Von hier aus verzweigen sich mehrere kleinere Gänge , die sich im Verlauf der Höhle zu größeren Nebenräumen erweitern.
Obwohl es aufgrund der schlechten Beleuchtung und den unübersichtlichen Verzweigungen nicht leicht ist ein genaues Bild des Höhleninneren zu bekommen, fühlt man die mystische, fast schon unheimliche Stimmung diese Ortes, die auch die Karthager dazu bewogen hat, hier ein ihrer wichtigsten Kultstätten zu errichten.

Im Jahr 2000 beschloss der Consell Insular d´Eivissa, der 1998 die Höhle gekauft hatte, den Wiederaufbau in Angriff zu nehmen.

Genau diese mystische Stimmung ist sicher der Grund für so manche Legende. Im Zusammenhang mit der Ruhe des Waldes wirkte diese Stimmung auch wieder auf mich. Aber ob es wirklich die Theorie bestätigt, die die Niederländerin mir erzählte? Ich weiß es nicht.

Heute ist die Höhle für Besucher zu bestimmten Zeiten geöffnet. Ich war auf jeden Fall zur falschen Zeit dort und konnte so nur einen kurzen Blick durch die Vergitterung in die Höhle werfen. Beeindruckend war es an diesem Ort aber auf jeden Fall.

Andächtig ging ich die zig Stufen wieder hoch zum Auto und fuhr zurück.

Treppen zur Höhle

Rückweg

Unterwegs fiel mir wieder etwas auf, was bereits beim Hochfahren deutlich wurde. Am Straßenrand gab es Pilze! Es war fast schon witzig, dass die Pilze fast noch auf dem Asphalt wurzelten.

Pilz am Straßenrand

Es dauerte dann nicht lange und ich kam am Strand der Bucht von Sant Vicente an. Ein breiter und schöner Sandstrand, einer der großen Strände von Ibiza. Demzufolge gab es auch etliche Bettenburgen direkt dahinter. ABER: wiedermal alles tot. Es gab ein paar Hundespaziergänger am Strand, aber alle Geschäfte und Restaurants hielten Winterschlaf.

Cala d´es Sant Vicente

Cala d´es Sant Vicente

Cala d´es Sant Vicente

Ich fuhr einfach quer durch und kam in Richtung Alla dins. Aber was war das? Dieser Ort – etliche Bettenburgen und Clubs waren zu sehen – war einfach abgeschottet. Durchfahrt verboten! Mir wurde klar, warum? Es ist ein reiner Ferienort und jetzt im November natürlich nicht geöffnet. Ich schlenderte ein Stück bis zur Küste, dann kehrte ich um und fuhr zurück.

Küste bei Alla Dins

Viel interessanter war die Auffahrt auf das Cap Punta Grossa. Eine schmale Straße, auf der sich jedoch zwei Autos durchaus begegnen konnten, führte rund um den Berg hinauf bis an die Spitze. Immer wieder gab es Abfahrten zu Fincas, immer wieder gab es traumhafte Aussichten. Mein „Pandabärchen“ musste sich wieder mal gefallen lassen, dass ich alle paar Meter anhielt, um die schönsten Motive zu fotografieren. Es war eine sehr beeindruckende Fahrt nach oben – und wieder nach unten.

Cala d´es Sant Vicente

Cala d´es Sant Vicente

Cala d´es Sant Vicente  schicke Finca am Berg

Cala d´es Sant Vicente

Als ich wieder am Strand ankam, sah ich aus einem bestimmten Blickwinkel ein schönes „Bild“ von der Küste. Da kann ich doch wohl auch noch mal anhalten. Aber was sah ich da? Ein geöffnetes Restaurant? Gabs das wirklich noch hier im Norden?

Restaurant Es Caló

Das war ja DIE Lösung – sowohl für meinen Hunger als auch für mein Toilettenproblem! Ich war der einzige Gast zu diesem Zeitpunkt, die Kellnerin Sally war Engländerin und konnte kein Deutsch – okay, dann eben englisch! Ich bestellte das Tagesmenü mit einem Thunfisch-Salat als Vorspeise und eine Pasta mit Prawns. Wie überall hier auf der Insel wurde auch Alloli mit Baguette und Oliven angeboten. Alloli ist eine Sauce mit Knoblauch, die aus dem Supermarkt wie Mayonnaise  aussieht, hier war sie jedoch eher wie unsere Knofi-Grillsauce angerichtet und war oberlecker!

Blick aus dem Restaurant Es Caló

Ich genoss unmittelbar am Strand mit einem schönen kräftigen Wellengang – Sally beschrieb dies als crazy see – das Essen und einen Latte. Es gab dazu noch freies Internet. Ich nutzte dies, um noch einige Grußmails mit meiner Stimmung am Meer zu versenden, schrieb Karten und ließ mich einfach treiben. Dazwischen immer mal ein Schwätzchen mit Sally, die begeistert war, was ich für tolle Fotos von ihrem Blick aufs Meer in Facebook gepostet hatte. Und zum Schluss bot sie mir noch einen Hierbas aufs Wohl des Hauses an. Eigentlich ja nicht, mein Auto stand vor der Tür, aber so einen kleinen Schluck zum Kosten dann schon.

Es war damit das erste Mal, dass ich in diesem zwei Wochen Urlaub das Nationalgetränk der Balearen getrunken habe. Und es ist soooo lecker! Dieser grüne Kräuterlikör, der einfach nur Lust auf Urlaub macht!

Ich fuhr dann zurück, nutzte auch wieder eine Neben-neben-Sraße, die viele Kurven versprach und schöne Ausblicke aufs Meer. Ebenso wie in der Bucht kam immer wieder die Insel Tagomago in den Blick, die ich ja bereits auf einem der ersten Ausflüge in den Westen gesehen habe. Ich war natürlich wieder allein auf der Straße – bis zu einem Moment, wo plötzlich ein kleiner roter Flitzer um eine Kurve geschossen kam und mitten auf der Straße fuhr! Es könnte ein Engländer gewesen sein. Die haben wohl einige Orientierungsprobleme, vor allem wenn sie allein auf der Straße sind – und sie sind hier im Norden recht häufig anzutreffen. Glücklicherweise war ich langsam genug und der Fahrer des roten Flitzers reagierte auch schnell.

Die Heimfahrt verlief wie immer unspektakulär. Heute war es auch sehr wolkig, es gab damit also keine Himmelsschauspiele in der untergehenden Sonne.

Ich bin so froh, dass ich gleich am ersten Abend meines Urlaubs den Sonnenuntergang am Cap de Falcó genossen habe. Es gab ihn so nie wieder in den beiden Wochen.

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