Einsame Orte

Mittwoch, 7. November 2012

Nach meinem allmorgendlichen Bad im Pool und einem ausgiebigen Frühstück kämpfte ich lange mit mir, ob ich nun einen Bummeltag mit mir und einem Buch einlegen soll oder doch eher noch mal losziehen soll.

Ich fand einen Kompromiss und fuhr am Nachmittag kurz nach zwei noch los, als der Himmel vielleicht sogar noch etwas mehr Freundlichkeit im tristen und grauen Wolkenallerlei anbot.

Ich wollte in den Norden nach Portinatx. Damit durchmaß ich einmal die ganze Insel – 35 Minuten brauchte ich. In einem mäßigen Fahrstil, Dank Nebensaison ohne Stau und immer wieder die Gegend genießend.

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Heute wieder komplett über die Insel an den nördlichsten Punkt

Ab Sant Joan de Labritja gabs eine wundervolle Strecke. Nur Kurven, Kurven, Kurven. Es ließ sich schön fahren! Zumal ich wieder mal alleine auf der Straße war. Ich bin ja manchmal richtig erschrocken, dass es auch noch andere Autos gibt.

S´Illot d´es Rencli

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Nach einiger Zeit gabs wieder mal schöne Ausblicke. Ich merkte schnell, dass ich an der Cala Xarraca war. Die durfte ich mir nicht entgehen lassen! Also fuhr ich wieder von der Straße ab; jeder Weg ging erst mal sehr steil bergab, schließlich muss man ja von einer ziemlich hoch liegenden Straße bis runter auf Meereshöhe irgendwie kommen! Ich genoss wieder die Aussichten und  die Strände, aber auch die tollen Fincas, die sich am Strand bergauf zeigten.

Blick in die Bucht von Xarraca

Cala de Xarraca

Blick auf die Fincas in der Cala de Xarraca

Am Strand von Carraca traf ich eine Niederländerin in Wanderstiefeln. Wir kamen sofort ins Gespräch über unsere Ausflüge. Sie und ihr Mann waren ebensolche Fans von den kleinen leisen Ecken und wir tauschten unsere Erlebnisse aus.

Sie sagte unter anderem, dass es zu der Ille d´es Verda noch ein Pendant auf der anderen Seite der Insel geben soll. Eine Cueva, Höhle, bei Sant Vincent, in die man hineinschauen kann. Und sie sagte mir, dass in dieser Region starke Waldbrände gewütet haben sollen und man dies sehr auffällig sieht. Ich hab ja noch zwei volle Tage, und dieser Bereich ist durchaus noch in meinem Zeitbudget drin.

Die wunderbare Kurvenstraße ging weiter und kurz vor Portinatx wieder mal ein Wegweiser, der auf ein Torre hinwies. Ich fuhr einfach, auch die Straße zum Club Vista Bahia. Erst einmal machte es jedoch den Eindruck, dass der Club den Turm „einverleibt“ hätte. Dann sah ich jedoch, dass er außerhalb des Geländes stehen muss. Und er war gar nicht weit, nur einen Steinwurf entfernt!

Torre d´es Portinatx  Torre d´es Portinatx

Ich ging das letzte Stück, hatte jedoch am Fuße des Turms kaum einen fotografierenswerten Ausblick. Bemerkenswert war etwas anderes. Eine kleine niedliche Mietze miaute mich an und begleitete mich – eher aber: bedrängte mich. Sie war so sehr auf Kontakt aus, dass es für mich schon beängstigend wurde. Bis zum Auto wuselte sie ständig um mich herum, ich stolperte manchmal fast über sie, sie miaute andauernd und wollte offensichtlich gestreichelt werden. Bei allem Verständnis, aber Tiere in der Wildnis anfassen, das ist nicht mein Ding. Zumal ich unbedingt danach noch etwas essen wollte. Ich musste sie etwas traurig zurücklassen.

Mietze

Gleich darauf war ich in Portinatx. Dieser Ort ist sicher im Sommer prall voller Leben, da scheint der Bär zu steppen. Aber jetzt? Alles, aber auch alles zu. Keine Bar, kein Restaurant, kein Mercado, nichts ist offen. Ich sehe zwei drei Autos irgendwo parken, eine Frau mit Kind ging in ein Tor hinein und ein Mann war mit seinem Hund am Strand unterwegs – ansonsten gespenstige Ruhe in dem ganzen Ort. Es war ziemlich unwirklich.

Portinatx

ein Strand von Portinatx

Es gab dort jedoch eine herrliche Küste, mehrere Strandabschnitte mit schönem Sand und am Ende des Ortes eine Felsenlandschaft, die begeisternd war. Auch sah ich den Leuchtturm Far d´es Moscarter. Dieser 24 m hohe Turm hat etwas ganz besonderes: er ist sehr dekorativ spiralförmig angestrichen. Die schwarzweise Farbringelung ist sehr auffällig. Zum Turm muss man jedoch recht weit laufen und der Weg soll sehr schlecht ausgeschildert sein. Auch wenn es sicher einen tollen Küstenblick gibt, lass ich diesen Ausflug sein und schau mir lieber die Felsenlandschaft direkt am Ende von Portinatx an. Dort kletterte ich umher und war fasziniert von Mutter Natur, was sie so alles hervorzaubert.

Portinatx

Portinatx

Leuchtturm Far d´es Moscarter

Auf einem Stein sitzend, vor mir den Ferienort mit einem der Strände, hinter mir das rauschende an die Felsen schlagende Meer – so kann man es sich gut gehen lassen!

Portinatx

Portinatx

Auf meiner Weiterfahrt kam ich noch an der Cala d´en Serra vorbei. Eine hübsche kleine Bucht mit einem kleinen Sandstrand tief unten. Ich zog es vor, nicht bis runter zu fahren, die Straße erschien mir doch etwas sehr stark ausgespült – und ich befürchtete, dass ich im Ernstfall auch kaum wenden könnte, um den Rückzug antreten zu können. Also beließ ichs bei dem herrlichen Ausblick von oben.

Cala d´en Serra

Ich blieb auf der kleinen Nebenstraße nach San Joan. Es war eine wundervolle Fahrt hoch über ein Bergmassiv zwischen dem Talaia de Sant Vincent und Sant Joan. Aber genau auf dieser Fahrt sah ich dann die erschreckenden Auswirkungen eines enormen Waldbrandes. Ich erinnerte mich plötzlich an die Niederländerin am Strand vom Xarraca. Hier war das also schon.

Waldbrände

Waldbrände

Waldbrände

Die Aussichten waren traumhaft. Und erstaunlicherweise gab es dort oben immer wieder Fincas, zum Teil sogar sehr, sehr edel gebaute Häuser. Sehr weit verstreut, aber gut sichtbar. Mir fiel auf, dass hier oben deutlich kühlere Temperaturen herrschten. Ich muss wohl recht weit oben sein. Die Straße war sehr einsam, dennoch kam mir plötzlich ein weiteres Fahrzeug entgegen. Dabei erschrickt man ja manchmal etwas, weil man kilometerlang nichts und niemanden sieht. Plötzlich so ein Zeichen von Zivilisation! Auch standen immer mal Fahrzeuge an den Eingängen der Fincas.

Aussichten über die Insel

Aussichten über die Insel

 Fahren kann man auf solchen Straßen maximal 30 km/h und höchstens im dritten Gang. Gut, mit meinem Panda! Sooo viele Pferdestärken hat der nicht unter seiner Motorhaube. So manchen Steilaufstieg vom Strand hoch auf die normale Straße japsen wir beide im ersten oder maximal zweiten Gang. Darüber hinaus würde er sich tüchtig verschlucken. Dafür ist er aber recht „hochbeinig“ und nimmt eben auch jede Schotterpiste locker weg. Ich bin mit ihm sehr zufrieden und wir beide sind ein richtig gutes Team. Außerdem nimmt er mir überhaupt nicht übel, wenn er an bestimmten schönen Stellen alle 30 Meter angehalten wird und meinem Fotografierfimmel ausgesetzt ist.

Meine schöne Straße über den Pass endete in San Joan. Das ist wieder so ein beschauliches Örtchen. Kaum Geschäfte, aber zwei Banken! In einem kleinen Laden bekomme ich wieder mal die schönsten Ansichtskarten. Das ist so ein riesiges Problem hier. In den großen Zentren bekommt man nur diese schnöden Ibiza-Karten mit Strand, irgendwelchen Albernheiten oder vielleicht noch mal einem Sonnenuntergang. Ist ja ganz nett, aber ich möchte schon Karten von den Orten haben, wo ich auch selbst war und die mich von ihrer Schönheit her auch fasziniert haben. Und genau dafür wird man eigentlich immer nur in den kleinen Orten mit den noch kleineren Läden fündig.

San Joan de Labritja

Allerdings hab ich permanent Probleme, einen Briefkasten zu finden. Und dabei gibt es dann auch noch zwei Postarten in Ibiza. Die Staatspost mit den gelben Postkästen und dann noch eine private Post mit roten Postkästen, die wohl vor allem an Hotels zu finden sein soll. Unterschied: die Privaten verlangen 5 Cent mehr Porto – und laut Aussage des Guides an der Cova in San Miquel soll es wohl bei denen auch schneller gehen. Allerdings werden die roten Kästen (zumindest an der Cova)  wohl nur zwei Mal in der Woche geleert. Ich bin ja mal gespannt, wann die Karten so in Deutschland ankommen.

Bei meiner Weiterfahrt in San Joan kurz vor 6 merkte ich, dass wohl gerade Sonnenuntergang war. Die Wolken im Westen waren etwas aufgerissen und für wenige Sekunden leuchteten diese Wolken am Himmel glutrot. Ich konnte jedoch nicht so schnell anhalten und schnell war dieses Schauspiel vorbei.

Je näher ich Eivissa kam, umso stärker wurde der Verkehr. Die Burg begann, im Licht zu erstrahlen und ich wollte davon noch ein Foto machen. Die Idee war wirklich nicht ganz ausgereift. Ich war zu weit weg, die Lichtverhältnisse waren grauenvoll und ich kam letztlich kaum wieder auf die Straße rauf, die Fahrzeugschlange wollte gar nicht abreißen. Ich stell mir das so im Sommer vor, wenn Himmel und Hölle unterwegs sind. Da würden meine Toruen sicher nicht halb so viel Spaß machen.

Kurz nach halb 7 war ich wieder zurück, die Nacht brach gerade mit voller Dunkelheit durch.

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